DIE KIRSCHEN IN NACHBARS GARTEN …
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Es ist kein Einzelfall, dass über mehrere Jahre bestehende Vertragsverhältnisse dazu führen können, Begehrlichkeiten zu wecken, die beispielsweise durch empfundene Ungerechtigkeiten ausgelöst werden oder aber einfach durch die schlichte Vorstellung, dass die Kirschen in Nachbars Garten doch bestimmt süßer sind als im eigenen.
Solchen (Fehl-)Vorstellungen entgegenzuwirken, ist Aufgabe einer jeden Franchisezentrale. Aber noch so ausgefeilte Kommunikations- und sonstige Strategien können keine Gewähr dafür bieten, dass sich Vertragsparteien während der vereinbarten Laufzeit auch immer und konsequent an das zwischen ihnen Vereinbarte halten.
Ein Beispiel aus der Praxis
Zum Gelingen eines Franchisesystems gehört es dann auch, dem vertragsuntreuen Teil aufzuzeigen, dass ein willkürliches „Ausscheren“ aus dem Vertrag negative Konsequenzen nach sich zieht. Selbst wenn die in einem Rechtsstaat zu ihrer Durchsetzung zur Verfügung stehenden Mittel Zeit, Geld und oft genug auch Geduld erfordern, führen sie schlussendlich dazu, den Partnerschaftsgedanken zu unterstreichen, der in ausgewogenen Franchiseverträgen auch regelmäßig zum Ausdruck kommt. So zuletzt geschehen bei enerix, einem deutschlandweit tätigen Franchisesystem in der Photovoltaik-Branche, wo ein Partner der Auffassung war, dass ihn sein bloßer Glaube, die Konkurrenz würde ihm mehr Vorteile bieten, zur fristlosen Kündigung berechtigen würde. Mithilfe des zuständigen Gerichts war es auch bei einer derartigen, eigentlich rechtlich klaren Situation erst nach einem zwei Jahre währenden Rechtsstreit möglich, dem ehemaligen Partner zu verdeutlichen, dass sein Handeln entgegen der vertraglich vereinbarten Festlaufzeit und einem willkürlichen Loslösen vom Vertrag vor Ablauf der Festlaufzeit zu erheblichen Schadenersatzansprüchen führen würde. Um größeren Schaden zu verhindern, folgte der ehemalige Partner dem dringenden Anraten des Gerichts und zahlte im Vergleichswege als Schadenersatz einen sechsstelligen Betrag an seine ehemalige Franchisezentrale.
Diese, die Einhaltung vertraglicher Bestimmungen fordernde und diese damit auch unterstreichende Beilegung eines Rechtsstreits zeigt, wie wichtig klare Kommunikationsstrategien gerade für Franchisesysteme sind, um – ggf. auch nur gefühlte – Unzufriedenheiten bei Partnern zu erkennen und so auf einer niedrigen oder noch gar nicht vorhandenen Eskalationsstufe aufzulösen.
Kompetenzen und Befugnisse klären
Für Franchisesysteme, die regelmäßig als vertikale Kooperationen ausgestaltet sind, bedeutet dies, dass es der klaren Koordination, Anleitung und Klärung von Kompetenzen und Befugnissen im Zusammenspiel des Marktauftritts und des Warenabsatzes und/oder der Dienstleitungserbringung bedarf. Dabei sind Franchisesysteme gleichermaßen Institution und Organisation – Institution im Sinne einer die Kooperation zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer prägenden Partnerschaft, die immer auch als Wertegemeinschaft gelebt werden sollte, Organisation, da das Franchisesystem nur dann Erfolg hat, wenn es sich im Rahmen der ökonomischen Gesetzmäßigkeiten und geltenden Marktregeln bewegt und so die erforderliche Marktpräsenz erreicht.
Jedes Franchise-System als Organisation bedarf einer aktiven Leitung, um
Konflikte vermeiden oder minimieren
Wenn die vorstehend genannten Strukturen transparent gemacht werden und konsequent umgesetzt werden, ist dies ein wesentlicher Schritt in Richtung der Minimierung von Konflikten und Auseinandersetzungen in Franchisesystemen. Voraussetzung dafür sollten die sorgfältige Ausgestaltung sowie deren kontinuierliche Kontrolle auf Aktualität ausgearbeiteten Franchiseverträge sein, einschließlich deren Zusammenspiel mit den Knowhow-Dokumentationen und natürlich der Kompatibilität im täglichen Miteinander einer Vertikalkooperation.
Auch wenn die hier beschriebene Konstellation niemals mehr als in eine asymptotische Annäherung münden kann, verstärkt sie die Freude am (Optimierungs-)Prozess und kann damit einen wesentlichen Erfolgsfaktor bilden.
Christian Treumann
Der Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Treumann Rechtsanwälte ist assoziierter Experte des Deutschen Franchiseverbandes und Mitglied des Ethik- sowie des Rechtsausschusses.