Wenn zwei sich streiten
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Klara hatte immer davon geträumt, ein eigenes Café zu besitzen. Nach jahrelanger Planung entschied sie sich, Franchisenehmerin einer bekannten Coffeeshop-Kette zu werden. Alles lief gut, bis der Franchisegeber verlangte, eine Umgestaltung des Cafés vorzunehmen, um den neuen Markenrichtlinien zu entsprechen. Klara hingegen war überzeugt, dass diese Änderungen ihre treuen Kunden vergraulen würden und zudem viel zu teuer seien …
Zu Beginn einer Franchisepartnerschaft sind Optimismus und Enthusiasmus groß. Doch was passiert, wenn die Realität nicht mit den Erwartungen Schritt hält und Konflikte entstehen? Solche Situationen sind keine Seltenheit. Unterschiedliche Interpretationen von Vertragsklauseln, wirtschaftliche Schwierigkeiten oder eine Zusammenarbeit, die sich anders gestaltet als gedacht, sind nur einige möglich Gründe für Reibereien zwischen den Partnern.
Aufgrund ihrer üblicherweise engen Beziehung ist die Fähigkeit, Konflikte konstruktiv zu bearbeiten, ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Franchisesysteme und ihre Franchisenehmer. In diesem Bewusstsein werden Streitigkeiten in den allermeisten Fällen in direkten Gesprächen und Verhandlungen gelöst. Aber auch wenn dies nicht zum Erfolg führt, gibt es Möglichkeiten, Streitigkeiten einvernehmlich beizulegen. Eine Methode, die dies ermöglicht, ist die Mediation. Mediation ist eine moderierte Verhandlung, bei der hart, aber konstruktiv nach zukunftsorientierten und tragfähigen Lösungen gesucht wird. Dabei unterstützt der Mediator die Parteien, zielgerichtet miteinander zu kommunizieren, ohne selbst Bewertungen vorzunehmen oder den Streitfall zu entscheiden.
Wie läuft eine Mediation ab?
Der Ablauf einer Mediation ist flexibel und richtet sich nach dem spezifischen Konflikt und den beteiligten Personen. Sie kann im Rahmen eines oder mehrerer Termine stattfinden, sowohl in Präsenz als auch virtuell oder hybrid. Der typische Ablauf und die Phasen einer Mediation sind im Schaubild „Mediation auf einen Blick“ dargestellt. Letztendlich kommt es auf Folgendes an:
1. Die Vergangenheit verstehen
Zunächst geht es um den Überblick über das, was geschehen ist. Der Sachverhalt sowie die Positionen und Argumente der Parteien werden besprochen und mögliche Missverständnisse ausgeräumt. Je nach Art des Streits werden auch rechtliche Fragen und Argumente diskutiert. Eine Entscheidung, wer im Recht ist, wird – im Unterscheid zu einem gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Verfahren – jedoch nicht gefällt.
2. Die Gegenwart klären
In diesem Schritt geht der Mediator auf die aktuellen Vorstellungen, Erwartungen und Interessen der Parteien ein. Wichtig zu klären ist beispielsweise, ob eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung grundsätzlich vorstellbar oder gewünscht ist und auf welche Aspekte es den Parteien bei der Lösung des Konflikts ankommt. Häufig entstehen Konflikte aus persönlichen Differenzen zwischen den Beteiligten. Eine Mediation bietet die Möglichkeit, ggf. auch diese zu adressieren.
3. Die Zukunft gestalten
Ist der Grundstein somit gelegt, können die Parteien gemeinsam Lösungsoptionen entwickeln, diese konkret verhandeln und im Idealfall eine einvernehmliche Einigung treffen und dokumentieren. Die Entscheidung, ob eine Einigung erfolgt und wie diese gestaltet wird, bleibt bei den Parteien.
Um es klar zu benennen: Nicht bei allen Streitigkeiten wünschen sich die Parteien eine gemeinsame Zukunft. Auch Trennung kann eine Lösung sein, deren Einzelheiten in einer Mediation verhandelt werden.
Rationale Managemententscheidungen im Streitfall
Als neutraler Dritter hilft der Mediator den Parteien, alle relevanten Faktoren, Rahmenbedingungen und Interessen zu verstehen und ihre zukünftigen Ziele und Pläne zu berücksichtigen. So können die Parteien eine fundierte und zukunftsorientierte Entscheidung zur Beilegung ihres Streits treffen. Damit ist die Mediation unter allen Methoden zur Streitbeilegung diejenige, die der Art und Weise, wie rationale Managemententscheidungen getroffen werden, am nächsten kommt. Das bedeutet auch, dass Mediation gerade bei komplexen Streitigkeiten von Vorteil ist.
Für das Gelingen einer Mediation ist, wie bei jeder Verhandlung, gute Vorbereitung entscheidend. Neben der Betrachtung der eigenen Verhandlungsposition ist es dabei sinnvoll, die Perspektive der Verhandlungspartner einzunehmen und zu überlegen, welche Erwartungen und Interessen diese haben könnten. In jedem Fall sollten alle Beteiligten ernsthaft verhandlungsbereit in eine Mediation gehen. Oft wird die Basis für konkrete Lösungsmöglichkeiten in Einzelgesprächen gelegt, die der Mediator mit den Parteien führen kann. Hierbei testet er in vertraulichem Rahmen die Sichtweisen und Argumente der Parteien, hinterfragt die hinter den Positionen liegenden Interessen und fungiert als Sparringspartner für die Formulierung von Vorschlägen in der Verhandlung.
Insgesamt ist Mediation eine effektive Methode zur Lösung von Franchisekonflikten, mit der Geschäftsbeziehungen gestärkt und die Interessen beider Seiten gewahrt werden können. Um das Bild abzurunden: Zur Wahrheit gehört, dass Mediation nicht für jeden Konflikt die beste Methode ist. Wenn die Rechtslage eindeutig ist, kann es sinnvoller sein, Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Auch die in einer Mediation gewährte Vertraulichkeit wird nicht immer als Vorteil gesehen. Manche Streitparteien legen gerade auf Öffentlichkeit Wert. Kurz gesagt: Auch die Auswahl des geeigneten Verfahrens gehört zur guten Vorbereitung.
Mediation im Deutschen Franchiseverband
Die Vorteile konsensualer Konfliktlösung hat der Deutsche Franchiseverband früh erkannt. Er stellt Mitgliedern einen Praxisleitfaden Konfliktmanagement zur Verfügung und unterstützt sie präventiv, damit Konflikte gar nicht erst entstehen oder eskalieren. Für den Ernstfall hat der Verband ein Regelwerk für die Durchführung von Mediationen aufgebaut und empfiehlt geeignete Experten für Konfliktlösung und Mediation. Mehr Infos.
OLIVER KNURA
Der Commercial Mediator (IHK) und CEDR Accredited Mediator ist Business-Partner der Ponschab + Partner Kanzlei für Mediation und Konfliktlösung, Pullach, sowie Assoziierter Experte des Deutschen Franchiseverbandes.