EXPERTEN DER FRANCHISEWIRTSCHAFT

Konvertierendes Franchise hat sich als Modell für Unternehmen etabliert, die ihre Marktposition festigen wollen – worum geht es dabei?

Konvertierendes Franchise hat sich als Modell für Unternehmen etabliert, die ihre Marktposition festigen wollen – worum geht es dabei?Konvertierendes Franchise hat sich als Modell für Unternehmen etabliert, die ihre Marktposition festigen wollen – worum geht es dabei?

Franchising in seiner klassischen Form ist längst als flexible und erfolgreiche Geschäftsstrategie bekannt – sowohl für Gründer als auch für erfahrene Unternehmer. Eine besonders spannende Variante ist das sogenannte konvertierende Franchise. Hierbei schließen sich bestehende, unabhängige Unternehmen einem etablierten Franchisesystem an, um von dessen Strukturen, der Marke und dem Knowhow zu profitieren. Das Modell bietet enorme Chancen: Es hilft kleinen und mittelständischen Unternehmen, sich in hart umkämpften Märkten besser zu behaupten, und ermöglicht vielen von ihnen den nächsten Wachstumsschritt. Gleichzeitig ist es in Branchen wie Handel, Handwerk und Dienstleistungen, wo Franchisesysteme bereits eine starke Rolle spielen, ein bewährtes Mittel zur Effizienzsteigerung und Marktpositionierung. Doch wie genau funktioniert konvertierendes Franchise? Welche Herausforderungen und Potenziale bringt es mit sich? Und warum wird es für immer mehr Unternehmer zur attraktiven Option? Im Interview teilen auf diesem Gebiet ausgewiesene Experten ihre Einblicke und Erfahrungen aus der Praxis.

Norman Pöttmann

ist Prokurist und Geschäftsleiter der BAUEN+LEBEN, Krefeld. Das konvertierende System für bestehende Fachhandelsunternehmen für Baustoffe, Holz und Bedachung ist heute an ca. 90 Standorten in Deutschland vertreten.

Torsten Strasser

ist Geschäftsführer eines Wohnbauunternehmens und startet jetzt als Franchisepartner von Neighbourly Brands mit LOCATEC Ortungstechnik Bayern Mitte durch. Hartmut Hohlbauch (l.) ist Director Franchise Recruitments der Dachmarke Neighbourly Brands.

Markus Pytlik

ist Pressesprecher der Viterma Gruppe, die Badsanierungen aller Art anbietet. Das 2004 gegeründete Unternehmen ist deutschlandweit heute an 26 Standorten vertreten.

Warum haben Sie sich in Ihrem Unternehmen für konvertierendes Franchise entschieden?

Norman Pöttmann (N. P.): Wir kommen aus dem Baufachhandel, der sich seit Mitte der 1960er-Jahre klassisch in horizontalen Einkaufsverbundgruppen gestärkt hat, um Einkaufsvolumina zum Vorteil der Mitglieder zu bündeln. Da das schon lange nicht mehr ausreicht, entwickelte sich
BAUEN+LEBEN ab 1999 von einer Einkaufsgemeinschaft zum konvertierenden Franchisesystem. Es begann mit einem modernen ERP-System und der Nutzung der gemeinsamen Marke BAUEN+LEBEN. Dabei sind wir pragmatisch vorgegangen und haben geschaut, was sich im Baufachhandel vonseiten der Zentrale für die Partner besser und kostengünstiger darstellen lässt, damit diese sich vorrangig um Führung und Vertrieb kümmern können.

Markus Pytlik (M. P.): Bei Viterma haben wir uns für dieses Modell entschieden, da es eine Win-win-Situation für beide Seiten ist. Das System profitiert vom raschen Wachstum und kürzeren Onboarding-Zeiten, die neuen Partner können direkt vom Start weg von unseren Leistungen und den hochwertigen und bedarfsgerechten Viterma Produkten profitieren.

Torsten Strasser (T. S.): Wir haben uns als Franchisepartner dafür entschieden, weil es eine starke Kombination aus unternehmerischer Eigenständigkeit und erprobten Strukturen bietet, wodurch wir Risiken minimieren und Synergien optimal nutzen können. So können wir uns auf das operative Geschäft konzentrieren, während wir von der Erfahrung und dem Wissen des Franchisegebers profitieren, zudem schneller auf Veränderungen im Markt reagieren und gleichzeitig Ressourcen effizienter nutzen können – das ist sicherlich für Franchisenehmer in diesem Zusammenhang allgemein eine viel versprechende Option.

In welchen Branchen sehen Sie das größte Potenzial dafür?

M. P.: Für uns als Franchisesystem im Handwerk sind natürlich in erster Linie bestehende Handwerksbetriebe interessant, beispielsweise aus dem Bereich SHK, aber auch Tischlereien, Dachdecker oder Fliesenleger.

T. S.: Ich sehe das vor allem in Branchen mit hohem Standardisierungsbedarf und Optimierungspotenzial, also Handwerk, Dienstleistungen und kundenorientierte Services. Gerade dort, wo klare Prozesse, Qualitätssicherung und digitale Lösungen gefragt sind, kann ein Franchisesystem erhebliche Wettbewerbsvorteile bieten, auch im Gesundheits- und Pflegebereich. Hier können Franchisepartner mit einem etablierten System schneller expandieren und ihre Marktstellung langfristig sichern.

N. P.: Gute Möglichkeiten sehe ich in den mittelständisch geprägten Branchen wie Handel, Handwerk oder Hotelgewerbe. Das Geschäftsmodell muss von Systematisierung profitieren können und deutliche Wettbewerbsvorteile gewinnen. Verbundgruppen können mit Franchise den nächsten Schritt gehen und ihr Angebot für die Mitglieder an die heutigen Herausforderungen anpassen.

Wo liegen die größten Vorteile und Chancen für die Partner?

T. S.: Sie profitieren von einer etablierten Marke, optimierten Prozessen, professionellem Marketing und zentraler Unterstützung. So können sie effizienter arbeiten und Kosten senken. Zudem reduziert sich das unternehmerische Risiko durch erprobte Geschäftsmodelle, während digitale Tools und standardisierte Abläufe die Skalierbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit verbessern.

N. P.: Vor allem das Thema Sichtbarkeit auf dem Markt und die Werbung über digitale Medien kann ein kleines Unternehmen – mit vertretbarem Aufwand – kaum allein stemmen. Zudem setzen rechtliche Anforderungen, der Fachkräftemangel, die Nachfolgesuche und der Wettbewerb Unternehmer zunehmend unter Druck, und es sind viele Hintergrundaufgaben zu lösen. So sind Baufachhändler oder Handwerker zwar sehr gut in ihrem Fach, aber die Bereiche Vertrieb, Marketing, EDV/Digitalisierung, Verwaltung, Forderungsmanagement, Einkauf etc. stellen große Herausforderungen und Zeitfresser dar.

M. P.: Als wichtigsten Vorteil sehe auch ich die Nutzung unserer starken Marke, die Vertrauen schafft und die Kundengewinnung erleichtert. Hinzu kommen aber das starke Netzwerk an Franchisepartnern, die sich gegenseitig unterstützen, und die umfangreichen Leistungen der Systemzentrale, das etablierte Marketing- und Verkaufskonzept, Produkte aus eigener Herstellung, bewährte Prozesse und Standards – und nicht zuletzt Schulungs- und Fortbildungsangebote der Viterma Akademie.

Für Unternehmen welcher Größenordnung ist konvertierendes Franchise am besten geeignet?

N. P.: Das kommt auf die Branche an, in der Regel dürften kleine und mittlere Unternehmen sowie Mitglieder in Verbundgruppen von diesem Franchisemodell besonders profitieren.

T. S.: Ja, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die ihre Marktposition stärken, sich breiter aufstellen und effizienter arbeiten möchten. Auch solche mit bestehender Infrastruktur, aber Optimierungsbedarf in Prozessen, Digitalisierung oder Kundengewinnung profitieren von der Integration in ein Franchisesystem, weil sie ihre vorhandene solide Basis durch die Franchisestruktur weiter optimieren können. Auch Betriebe, die strukturell an Wachstumsgrenzen stoßen, können so ohne hohe Investitionen und Risiken weiter expandieren.

M. P.: Unserer Erfahrung nach funktioniert das am besten für kleinere und mittlere Unternehmen, die bereits über regionale Bekanntheit verfügen und sich weiterentwickeln möchten.

Worin bestehen die größten Herausforderungen bei einer solchen Konvertierung?

Hartmut Hohlbauch (H. H.): Meist in der Umstellung auf standardisierte Prozesse, der Integration neuer Software und der Anpassung an die Franchisevorgaben. Besonders die Abgabe der unternehmerischen Autonomie, die Offenlegung von Unternehmenszahlen und die Exklusivgebietsregelung sind zentrale Punkte.

M. P.: Mit dem Markenwandel und dem anschließenden Rebranding tun sich manche Unternehmen schwer. Das muss gegenüber Personal und Kundschaft gut kommuniziert werden, um Akzeptanz zu schaffen.

N. P.: Zudem ist Franchise als Geschäftsmodell in vielen Branchen noch nicht so bekannt und wird teils beispielsweise nur mit Systemgastronomie in Verbindung gebracht wird. Hier gilt es, zunächst einmal in den Dialog zu kommen, dann aber wirken meist Zahlen aus dem Businessplan und der Kontakt zu bestehenden Systempartnern überzeugend.

Akquirieren Sie solche Partnerschaften aktiv, oder können bestehende Unternehmen auch auf Sie zukommen?

M. P.: Bei Viterma sind wir derzeit stark auf Expansionskurs. Im Rahmen der Partnerakquise gehen wir sowohl aktiv auf bestehende Betriebe zu, haben aber auch stets ein offenes Ohr für Firmen, die sich durch Franchising mit uns weiterentwickeln möchten – stets mit dem Ziel, gemeinsam herauszufinden, ob die Vorstellungen und Strategien zusammenpassen, um den Grundstein für eine erfolgreiche Partnerschaft zu legen.

H. H.: Die strategische Passung und das gemeinsame Verständnis der Wachstumschancen innerhalb des Systems ist auch für uns entscheidend. Wir haben eine klare Vorstellung davon, welche Unternehmen zu unserem Franchisemodell passen und sprechen sie gezielt an, sind aber gleichzeitig offen für Unternehmen, die ihre Geschäftsidee bereits etabliert haben und sich mit Franchise weiterentwickeln wollen.

N. P.: Wir bieten seit zehn Jahren das B+L-­System aktiv im Fachhandel für Baustoffe,  Holz und Dach an – anfangs ein sehr müh­sames Unterfangen, weil man gegen viele  Vorurteile anlaufen musste. Mittlerweile kommen aber auch Marktbegleiter auf uns zu.

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