Neue Perspektiven, vertraute Stärke: Präsidentenwechsel im Franchiseverband

Kai Enders und Hendrik Martschinke im Interview mit Antje Piel

Nach neun Jahren im Amt hat Kai Enders im Rahmen des Franchise Forums feierlich den Staffelstab übergeben. Seit dem 6. Mai 2025 steht nun Hendrik Martschinke an der Spitze des Deutschen Franchiseverbands. Im Interview sprechen beide mit Chefredakteurin Antje Katrin Piel über aktuelle wirtschaftspolitische Herausforderungen, über Geleistetes, neue Impulse und Schwerpunkte für die Vorstandsarbeit und die Zukunft der deutschen Franchisewirtschaft.

Antje Piel: Der Staffelstab ist übergeben. Wie blickt Ihr auf diesen Moment – als Abschluss einer Amtszeit und als Beginn einer neuen?

Kai Enders: Ich bin sehr gerne Präsident des Deutschen Franchiseverbandes gewesen und freue mich darüber, was wir gemeinsam in den vergangenen Jahren erreicht haben. Der Franchiseverband ist heute eine dynamische und sympathische Gemeinschaft mit vielen begeisterten Mitgliedern und steht auf wirtschaftlich sehr soliden Füßen.

Hendrik Martschinke: Die Tage in Berlin rund um die Übergabe waren für mich äußerst bewegend – voller Eindrücke, intensiver Gespräche und echter Gemeinschaft. Ich spüre riesige Motivation, große Zuversicht und bin erfüllt von Tatendrang und Ideen. Es ist ein spannender Wendepunkt, nicht nur personell, sondern auch strategisch: Der Deutsche Franchiseverband richtet sich neu aus, um die Herausforderungen der Zeit noch gezielter anzugehen. Dass mir unsere Mitglieder dieses Vertrauen schenken, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit.

Antje Piel: Dass sich die Franchisewirtschaft in den vergangenen Jahren trotz vieler gesamtwirtschaftlicher Herausforderungen stabil zeigt, haben zahlreiche Erhebungen deutlich bestätigt. Wo seht Ihr aktuell die größten Herausforderungen – und wie kann der Verband Unterstützung leisten?

Hendrik Martschinke: Die Franchisewirtschaft hat sich als widerstandsfähig erwiesen, doch die Herausforderungen bleiben – sie verändern nur ihre Gestalt. Vier Handlungsfelder stehen im Fokus: Die Finanzierung muss gesichert werden, denn Kapitalzugang ist für viele Systeme ein kritischer Faktor. Zudem braucht es eine stärkere politische Stimme, um zentrale Anliegen sichtbar zu platzieren. Auch inhaltlich gilt es, Themen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung und neue Arbeitsformen aktiv zu gestalten. Und schließlich wollen wir die Wahrnehmung von Franchising verbessern. Der Franchiseverband versteht sich hier als aktiver Taktgeber – durch Aufklärung, Zusammenarbeit mit Banken, Allianzen mit Wirtschaftsverbänden und einen offenen, systemübergreifenden Austausch.

Kai Enders: Politisch nehmen Regulierungsdichte und bürokratische Anforderungen spürbar zu – das belastet nicht nur junge Systeme, sondern auch etablierte Netzwerke. Wirtschaftlich sorgen Unsicherheiten an vielen Standorten, anhaltende Inflation und der Fachkräftemangel für zusätzlichen Druck. Und auch strukturell bleibt die digitale Transformation ein zentrales Thema: Sowohl intern in der Systemführung als auch extern im Kundendialog ist Veränderung gefragt.

Gerade in solchen Zeiten braucht es einen starken Verband, der Orientierung gibt, Interessen bündelt und klare Positionen bezieht. Der Franchiseverband muss sich noch sichtbarer als wirtschaftspolitischer Partner positionieren – für seine Mitglieder, aber auch gegenüber Politik, Medien und Gesellschaft. Dafür habe ich mich als Präsident eingesetzt – und als Ehrenpräsident verfolge ich mit Freude, dass dieser Weg weiter beschritten wird.

Antje Piel: Franchising bietet stabile Geschäftsmodelle, aber auch viel Innovationspotenzial. Welche Chancen seht ihr heute?

Hendrik Martschinke: Gerade in der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage sehe ich für die Franchisewirtschaft große Chancen. Denn Franchising bringt per se ein stabiles Fundament mit – und ist zugleich in der Lage, schnell und dynamisch auf neue Anforderungen zu reagieren. Diese Kombination ist heute wertvoller denn je.

Die besondere Stärke liegt in der Zweistufigkeit des Franchiseprinzips – zentral gesteuerte Strukturen treffen auf unternehmerisches Engagement vor Ort. Das zwingt uns seit jeher dazu, Prozesse effizienter zu gestalten, Ressourcen intelligent zu bündeln, starke Marken aufzubauen und Innovationen schneller zu adaptieren als viele andere Unternehmensformen.

Kai Enders: Franchising steht schon immer für bewährte Geschäftsmodelle mit großem Skalierungspotenzial – das ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor unseres Wirtschaftsmodells. Aber Franchising ist weit mehr als das: Es bietet auch Raum für Innovation, für neue Ideen, Formate und Entwicklungen – gerade durch die enge, partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Franchisegebern und -nehmern.

Wir sehen aktuell eine Vielzahl an Chancen: Für Gründerinnen und Gründer, die ein tragfähiges Geschäftsmodell mit erprobter Struktur suchen – aber ebenso für etablierte Unternehmen, die über Franchising expandieren und ihre Marke stärken möchten.

Die Multiplikation erfolgreicher Konzepte ermöglicht nicht nur Wachstum, sondern auch Anpassungsfähigkeit. Und genau diese Kooperationskultur innerhalb der Systeme macht Franchising so innovationsfähig und resilient – gerade in Zeiten, in denen viele klassische Geschäftsmodelle an ihre Grenzen stoßen.

Antje Piel: Welche Themen standen während Deiner Amtszeit besonders im Fokus – und welche davon bleiben aus Deiner Sicht auch künftig relevant?

Kai Enders: Während der vergangenen Jahre stand für mich besonders die kontinuierliche Professionalisierung – sowohl innerhalb des Verbands als auch in der Community – im Mittelpunkt. Wir haben die Qualitätsstandards weiterentwickelt, den offenen Austausch gestärkt und das Selbstverständnis als leistungsstarke Wirtschaftsorganisation geschärft.

Ein weiteres zentrales Thema war der Aufbau politischer Netzwerke. Heute ist der Franchiseverband nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel sichtbar und gehört – das ist ein wichtiger Erfolg gemeinsamer Arbeit und eine Grundlage für zukünftige Interessenvertretung.

Besonders stolz bin ich auch darauf, dass wir dem Verband ein neues, jüngeres Gesicht geben konnten – durch ein frisches Corporate Design, eine moderne digitale Präsenz und gezielte Aktivitäten in den sozialen Medien. Das hat unsere Wahrnehmung enorm gestärkt – nicht nur in der Franchisewirtschaft, sondern auch darüber hinaus.

Und nicht zuletzt war die Digitalisierung der Verbandsarbeit ein zentrales Projekt meiner Amtszeit: von digitalen Services über neue Kommunikationsformate bis hin zur Professionalisierung interner Prozesse.

Viele dieser Themen bleiben auch künftig relevant – und es freut mich sehr zu sehen, dass der Verband diesen Weg konsequent weitergeht.

Antje Piel: Welche Akzente willst Du als neuer Präsident setzen – und wo siehst Du die größten Gestaltungsräume für die kommenden Jahre?

Hendrik Martschinke: Als neuer Präsident knüpfe ich bewusst an bestehende Problemlagen in den Systemen an – und richte den Blick nach vorn. Mein Ziel ist es, den Deutschen Franchiseverband als aktiven Möglichmacher zu positionieren: für mehr Wachstum, mehr Sichtbarkeit und mehr Zukunftsfähigkeit der Franchisewirtschaft.

Wie oben schon kurz skizziert liegt ein besonderer Schwerpunkt dabei auf stabilen Rahmenbedingungen. Gemeinsam mit Banken und Partnerinstitutionen wollen wir die für Franchise-Unternehmen spürbare Erleichterungen bieten. Denn Wachstum braucht Kapital – und ein verlässlicher, einfacher Zugang dazu ist heute für viele Systeme ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Gleichzeitig möchten wir gezielt neue strategische Allianzen mit anderen Wirtschaftsverbänden eingehen. Unser Anliegen ist klar: Wir wollen als organisierte Franchisegemeinschaft eine deutlich stärkere Stimme in der politischen Interessenvertretung entwickeln. Je mehr Kräfte wir bündeln, desto wirkungsvoller können wir unsere Positionen einbringen – klar, konstruktiv und im Dialog.

Enge Kooperationen bieten zudem zusätzliche Räume für inhaltliche Impulse. Sie ermöglichen es uns, wichtige Themen – wie etwa die gesellschaftliche Wahrnehmung von Franchising – differenzierter und sichtbarer zu bearbeiten. Hier setzen wir bewusst auf den Schulterschluss: mit anderen Wirtschaftsverbänden, engagierten Mitgliedern, mit externen Partnern, mit Menschen, die etwas bewegen wollen. Dass, Kooperation auf vielerlei Ebenen der richtige Weg ist, das sollten wir als Franchiser schließlich bestens wissen.

Daher sehe ich den Deutschen Franchiseverband – im Haupt- wie im Ehrenamt – auch als engagierten Gestalter, als Stimme der Branche, als aktives Netzwerk und als Impulsgeber für neue Chancen. Dieses Selbstverständnis wird uns leiten. Im Austausch, in der Umsetzung und im gemeinsamen Erfolg.

Antje Piel: Der Franchiseverband ist nicht nur Interessenvertretung, sondern auch Plattform für Austausch, Qualität und Weiterentwicklung. Wie kann die Community noch besser voneinander lernen und profitieren – intern wie extern?

Hendrik Martschinke: Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in den letzten Jahren eine sehr solide Basis für Austausch, Qualität und Weiterentwicklung geschaffen haben. Dafür möchte ich ausdrücklich meinen Dank und großen Respekt an alle aussprechen, die diesen Weg mitgestaltet haben – vor allem natürlich Dir, lieber Kai.

Darauf bauen wir auf. Die nächsten Entwicklungsschritte sehe ich in der Integration neuer Perspektiven und in der aktiven Auseinandersetzung mit aktuellen Herausforderungen. Denn die Themenlandschaft rund um Franchising ist in Bewegung – und genau darin liegt auch unsere Chance: Wenn wir diese Dynamik aufnehmen, entstehen kontinuierlich neue Mehrwerte für unsere Mitglieder.

Intern bedeutet das, voneinander zu lernen, gute Beispiele systemübergreifend zu teilen und gemeinsam weiterzudenken. Extern heißt es, neue Impulse von außen aufzunehmen, uns mit anderen Wirtschaftsbereichen zu vernetzen und den Dialog offen und zukunftsgerichtet zu gestalten.

So bleibt der Verband nicht nur relevant, sondern wird zu einer echten Lern- und Innovationsplattform für die gesamte Franchisewirtschaft – und auch darüber hinaus.

Antje Piel: Und wie wichtig ist die politische Sichtbarkeit der Franchisewirtschaft? Wie sollte die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden, Institutionen und der Politik künftig aussehen?

Hendrik Martschinke: Die politische Sichtbarkeit der Franchisewirtschaft ist heute wichtiger denn je. Denn nur wer wahrgenommen wird, kann auch mitgestalten. Deshalb müssen wir als Deutscher Franchiseverband unsere Rolle in der wirtschaftspolitischen Debatte intensiver und konkreter wahrnehmen – mit klaren Botschaften und belastbaren Argumenten.

Unsere Positionen als Interessenvertretung des professionellen Franchisings in Deutschland werden wir gezielt mit den Standpunkten anderer Wirtschaftsverbände abgleichen. Dort, wo es inhaltliche Schnittmengen gibt – und die gibt es in vielen zentralen Zukunftsthemen –, können und sollten wir die Zusammenarbeit suchen. Denn gemeinsam sind unsere Stimmen stärker und unsere Durchschlagskraft größer.

Gleichzeitig kommt es auf kontinuierliche Netzwerkarbeit und Kommunikation an – sowohl im Hauptamt als auch im Ehrenamt. Sichtbarkeit entsteht nicht nur durch Statements, sondern vor allem durch persönliche Präsenz, intensiven Einsatz, durch aktive Beteiligung an politischen Dialogen und durch verlässliche Partnerschaften mit anderen Institutionen.

Unser Ziel ist es, Franchising als wirtschaftliche Kraft sichtbar zu machen, die weit über einzelne Marken und Branchen hinaus Wirkung entfaltet – als Geschäftsmodell, als Wirtschaftsfaktor und als Impulsgeber für unternehmerisches Wachstum.

Antje Piel: Abschließend die klassische Frage: Wo seht ihr die Franchisewirtschaft in fünf bis zehn Jahren?

Kai Enders: Die Franchisewirtschaft hat in der Vergangenheit viele erfolgreiche Geschäftsmodelle auf den Weg gebracht. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, welche Erfolge durch die Kombination von starken Konzepten des Franchisegebers und dem Unternehmergeist der Franchisenehmer entstehen. Ich bin davon überzeugt, dass sich dieses kooperative Modell in Zukunft weiter durchsetzt und wir viele innovative Franchise-Ideen sehen werden. Unser Verband ist dabei die übergreifende Plattform für Austausch, Wissenstransfer und Interessenvertretung und bestens für diese Aufgaben aufgestellt.

Hendrik Martschinke: Ich sehe in der Franchisewirtschaft ein enormes Potenzial für die kommenden fünf bis zehn Jahre und natürlich weit darüber hinaus – sowohl als Wachstumstreiber für die deutsche Wirtschaft, als auch als zukunftsfähiges Modell für unternehmerische Selbstständigkeit und als Innovationstreiber im Mittelstand.

Die Probleme unserer Zeit müssen wir nicht nur erkennen, sondern konkret und strukturiert adressieren. Wenn es uns gelingt, uns als Franchiseverband neu auszurichten und uns in den zentralen Themen weiterzuentwickeln, dann schaffen wir mehr Wirksamkeit, mehr Sichtbarkeit und mehr Unterstützung für unsere Mitglieder. Dann können Franchisesysteme ihre Stärken – wie Effizienz, Markenpower und Innovationskraft – unter dem zunehmenden wirtschaftlichen Druck der kommenden Jahre noch deutlicher ausspielen. Das schafft Wachstumschancen, Stabilität und neue Zugänge für Gründerinnen und Gründer.

Und wir werden es gemeinsam geschafft haben, die gesellschaftliche Wahrnehmung von Franchising weiterzuentwickeln – weg von alten Klischees, hin zu einem modernen, attraktiven Bild. Das gelingt nur im Schulterschluss von Verband und Mitgliedsunternehmen: Wenn wir gemeinsam kommunizieren, aufklären, Franchising erlebbar machen und uns zeigen, wird sich das Bild in der Öffentlichkeit nachhaltig verändern. Da bin ich mir sicher! Die nächsten Jahre bieten die große Chance, Franchising in Deutschland neu zu positionieren – als modernes, leistungsfähiges und wirtschaftlich relevantes Systemmodell. Dazu möchte ich mit aller Energie beitragen.

Kai Enders: Und dafür wünsche ich Dir gutes Gelingen, lieber Hendrik. Und natürlich eine erfolgreiche Präsidentschaft!

Antje Piel: Herzlichen Dank Euch beiden, für Euren jeweiligen Blick auf das, was war, aktuell ist und für die Franchisewirtschaft kommen wird.

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